Das Geheimnis der Saalburg
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Eine warme rote Sonne
übers Saaletal sich legt
und das Spiegelbild der Saalburg
sich im Flussbett kaum bewegt.
Sanfter Wind beginnt zu kühlen,
süßen Duft er mit sich führt.
Eine Welt, die voller Sorgen,
an Bedeutung jäh verliert.
Wird ersetzt durch schöne Träume,
die bei Tage sie verwehrt,
und den wichtigsten von allen
nun ein Keim der Hoffnung nährt.
Jene Hoffnung zieht den Jüngling
von dem Elternhause fort,
für den Preis der großen Liebe
hin zum ausgemachten Ort.
Diese Liebe ist verboten,
wär nur Adligen erlaubt,
doch zu stark ist sein Verlangen,
er an seine Chance glaubt.
Denn die Sprache der Gefühle
wird zwar vielfach ausgeschmückt,
aber Worte zu dem Stande
elegant sie unterdrückt.
Und so eilt er zu der Liebsten,
sie euphorisch ihn begrüßt,
die gefährliche Entscheidung
ihm so wunderbar versüßt.
Diese Nacht, die sonst so dunkel,
wird vom Mondenlicht erhellt.
Es erleichtert ihr Bestreben,
da es auf den Fluchtweg fällt.
Nur der Vorteil, der ist streitbar,
weils das Pärchen unterstützt,
aber, ohne diese Absicht,
auch den Feinden etwas nützt.
Die Gefahr, die hält sie munter,
und die Stunden so vergehn,
bis sie endlich, streng nach Plane,
vor des Landes Grenze stehn.
Dort, da drüben, liegt die Freiheit,
eine Brücke nur von trennt.
Doch der Plan, der ist zu einfach,
als das niemand sonst ihn kennt.
Was beim Anblick sich erhärtet,
kommt als Lehre viel zu spät,
da ein Ritter, hoch zu Rosse,
und ein Knappe ihn errät.
Die Begegnung ist so tragisch
und erbärmlich motiviert,
durch die Aussicht auf Belohnung,
die der König offeriert.
Hundert Taler für die Tochter
mit dem Todesstoß für ihn;
über Münzen, wie verwerflich,
wird die Treibjagd legitim.
Diese Brücke sollte retten,
doch nun hilft kein flehend’ Wort.
Durch den Ritter und den Knappen
wird’s ein düstrer, kalter Ort.
Bei dem Jüngling, so die Absicht,
tun es Armbrust oder Schwert.
Schon solch laus’ge hundert Taler
sind ein Menschenleben wert!
Als der Junge mit dem Stocke
Pferd und Ritter distanziert,
ist´s das Mädchen, das mit Schlägen
bei dem Knappen reagiert.
Dessen spitze scharfe Pfeile
wär’n so tödlich wie gedacht.
Eine Prise reinsten Giftes
diesen Wirkungsgrad ausmacht.
So ist keiner, der den and`ren
solchem Schicksal überlässt.
Sowohl Mädchen als auch Jüngling
halten an der Liebe fest.
Doch die Kräfte gehn zur Neige
und das Ende scheint verfügt.
Ihre Worte es verschweigen,
doch der Tränen Fluss nicht lügt.
So das kalte Lied des Todes
in der beiden Ohren dringt.
Eine düstre, dunkle Stimme
es am Saaleufer singt.
Da ertönt der Ruf des Adlers,
dieses Tier sie schnell umkreist.
Er als Kämpfer sich der beiden,
der Gepeinigten, erweist.
Wütend stürzt er auf den Ritter,
der drauf kämpft mit Schild und Schwert.
Doch der finstre schwarze Streiter
der ist machtlos auf dem Pferd.
Schon der erste schwere Angriff
ihm sein mächt`ges Schild zerfetzt,
und ein zweiter, noch viel härt’rer
ihn drauf fürchterlich verletzt.
Seine Waffe schluckt die Saale
und das Ross ihn nicht mehr trägt;
es, verstört von diesem Kampfe,
einen andren Weg einschlägt.
Als der Adler noch im Zorne
einen nächsten Angriff fliegt,
ist der Ritter, der gemeine,
der im Kampfe unterliegt.
Es erschallt der Klang der Armbrust,
er die gift’ge Botschaft bringt,
doch der Adler ist ein schneller,
drum der Todesschuss misslingt.
Dieser große tapfre Vogel
nimmt den Knappen ins Visier;
auch der zweite feige Streiter
zahlt die Strafe nun dafür.
In der Nähe fließt die Saale,
so als wäre nichts passiert,
doch das klare, reine Wasser
mit dem Blute kontrastiert.
Und hoch oben auf der Saalburg,
die auf ihrem Felsen trohnt,
bleibt ein bitterböser Herrscher
von der Nachricht nicht verschohnt.
Seine Seele wird zerrissen
und sein Herz, das wird entzweit,
weil die Tochter nicht mehr heimkommt,
ihm den Auftrag nie verzeiht.
Von dem Wachturm überm Felsen
setzt zum Todessprung er an.
Will der dunklen Zeit entfliehen,
hofft darauf, dass so`s man kann.
Dieser einst so starke König
sagt »Adieu« zu dieser Welt,
als sich ihm der mächt`ge Adler
vehement entgegenstellt.
Er erkennt des Mannes Qualen,
doch für ihn sind’s nicht genug.
Er will sehn, dass dieser leidet
bis zum letzten Atemzug.
So wurd aus der stolzen Saalburg
ein so graues ew’ges Grab,
weil nebst Tochter auch ein Adler
einem König nicht vergab.
Bis zum Ende seiner Tage
fand der König keine Ruh,
weil das Tier ihn streng bewachte,
ihn umkreiste immerzu.
Man noch oft an wind`gen Tagen
einen Flügelschlag vernahm,
doch verborgen blieb auf ewig
jener Ort, von dem er kam.