Vom Schachspieler
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Es ist Winter im Dorfe
und das Wasser erstarrt.
Eine eisige Flora
an den Fenstern verharrt.
Grad das Licht der Laterne,
das der Nebel filtriert,
in der tiefweissen Gasse
eine Fährte aufspürt.
Nur der Schnee als Verräter
weiss, zu wem sie gehört;
erst vorm Haus um die Ecke
er die Spuren zerstört.
Drinnen tänzelt ein Schatten,
das Kaminlicht ihn zeigt;
dessen Ursprung, ein Spieler,
sitzt am Schachbrett und schweigt.
Mit versteinerter Miene,
doch im Blick fokussiert,
er, das Spielfeld vor Augen,
die Figuren platziert.
Das Kalkül ist verwegen,
heute geht es um viel:
Ist das Spiel seines Lebens
und die Liebe sein Ziel.
Will den König bezwingen,
dessen Dame als Preis.
Heute wird sich´s entscheiden,
er fängt an, er hat weiss.
Die Eröffnung belegt es:
Nur ein Sieg ist’s, der zählt;
der riskanteste Anfang
wurd bewusst drum gewählt.
Es vergeh`n nur Minuten
bis sein erster Turm fällt.
Ist ein Opfer des Planes,
doch die Mauer noch hält.
›Da die Lücke, die kleine!‹,
sein Verstand avisiert.
Er ruft: »Schach«, wie im Jubel,
doch der Gegner pariert.
Wählt die einfachste Lösung,
stellt ein Pferd in den Weg.
Kam geschwind von der Seite,
kam eins gerade, eins schräg.
Doch der Spieler droht weiter
und die Kräfte vereint,
für den Kampf um die Stelle,
die am schwächsten erscheint.
Er erstärkt Zug um Zuge;
»Ich gewinn!«, ruft er aus,
doch der Gegner ist listig,
und erst jetzt stellt sich’s raus.
Der greift an, kennt kein Mitleid,
treibt den Spieler zurück,
zielt aufs feindliche Bollwerk
und zersprengt’s Stück für Stück.
Nach dem vierzigsten Zuge
ist das Brett blutig rot,
bringt des Spieler’s Figuren
nur Verderben und Tod.
Selbst die kleinste Bewegung
wird nun streng kontrolliert,
jeder Schritt, der geblieben,
in Verlust überführt.
Keine Macht heilt die Wunden,
keine Finte mehr nützt.
Seine weisse Herzdame
ihn als Letzte noch stützt.
Er begreift seinen Fehler
und bereut ihn so sehr.
Er ersehnt sich das Ende,
will das Matt, sonst nichts mehr.
Doch es gibt keine Gnade,
keinen Dolch, der ihn rammt;
der einst furchtlose Spieler
ist zum Leiden verdammt.
Er zerreisst sich im Kampfe,
weil der Gegner ihn hetzt.
Kann das Ende nicht sehen
und doch spürt er es jetzt.
Dieser Ausgang entmutigt
und war nie so gedacht.
Was der Spieler nicht wollte,
zieht er jetzt in Betracht.
Wütend packt er das Schachbrett,
wirft’s ins Feuer hinein,
samt der schwarzen Figuren,
die sein Lohn sollten sein.
Doch die weissen, die bleiben;
er sie gründlich poliert.
Dann, befreit von dem Blute,
ins Regal einsortiert.
Und die Dame zur Mitte
hebt er schämend empor.
Ist der Trost dieses Spieles,
das er schändlich verlor.
Sie war Rückhalt für Stunden,
wie sich’s grausam erwies,
und die tiefste der Narben,
die der Kampf hinterliess.
Die Erkenntnis ist bitter,
aus dem Hause ihn trägt;
grad weil das, was so wertvoll,
ihn nun schmerzlich bewegt.
Dort im Dorf herrscht der Winter,
und das Wasser gefriert.
Doch die Spur zu der Liebe
sich nicht nochmals verliert!